Vom Rhythmus eines Gartens
Die Rhythmen des Lebens sind an wenigen Orten so deutlich spürbar wie in einem Garten: der Wechsel der Jahreszeiten, Wachstum und Rückzug, Geben und Nehmen. Boden, Pflanzen, Tiere und Menschen verbinden sich zu einem großen Ganzen, das rhythmisch ein- und ausatmet. Davon erzählt Bernhard Ehrmann, Leiter des WALA Heilpflanzengartens.
Ein Paradies, gleich hinter dem Firmensitz
Bernhard Ehrmann strahlt eine Ruhe aus, wie man sie nur von einem Gärtner erwarten kann. An seinem Arbeitsplatz ragen Bäume in den Himmel, summen Bienen um den Weißdornstrauch, laichen Frösche im Teich. Im WALA Heilpflanzengarten gibt es Flächen, die nicht einmal die Gärtnerinnen und Gärtner betreten. Damit sich alles entfalten kann, wie es sich entfalten möchte.
Das war nicht immer so: Als die WALA Anfang der 1950er Jahre ihren Garten anlegte, lag dieses Stückchen Erde brach. Es brauchte Vertrauen in die aufbauenden Kräfte des biologisch-dynamischen Landbaus und die Vision der ersten WALA Gärtner, um das heutige Paradies entstehen zu lassen.
Eins bedingt das andere
„Unser Garten“, sagt Bernhard Ehrmann, „ist ein Kreislauf. Die Pflanzen wachsen heran. Die Kolleginnen und Kollegen vom Pflanzenlabor verarbeiten sie. Was nicht in das Produkt einfließt, kommt auf den Kompost. Und fließt so als belebender Dünger zurück in den Boden, zurück in den Kreislauf.“
„Unser Kompost ist eine gute Mischung aus allem, was im Garten anfällt: Äste, Gras, Pflanzen.“ Zweimal im Jahr setzen die Gärtnerinnen und Gärtner mit Schaufel und Gabel den Kompost um und versehen ihn mit biologisch-dynamischen Kompostpräparaten. „Nach zweieinhalb Jahren ist er reif“, fügt Bernhard Ehrmann an.
Die Arbeit mit Rhythmen, das Denken im Kreislauf sind wichtige Aspekte des biologisch-dynamischen Landbaus, den die WALA im eigenen Garten und auf ihren eigenen Feldern praktiziert.
So entsteht eine ganz besondere Qualität
Die WALA braucht für die Herstellung ihrer Produkte gesunde und starke Heilpflanzen. „Wir ziehen den größten Teil unserer Pflanzen im eigenen Garten. Das Wenige, von dem wir nicht selber Saatgut ernten können, kaufen wir bei Saatanbietern, mit denen wir seit vielen Jahren zusammenarbeiten“, erläutert Bernhard Ehrmann. So stellen wir sicher, dass die Heilpflanzen nach der Ernte ihre ganze Kraft in unsere Arzneimittel einbringen können.
Ein Teil der Samen wächst im zeitigen Frühjahr im Gewächshaus zu zarten Pflänzchen heran. Wenn es draußen warm genug ist, setzen die Gärtnerinnen und Gärtner sie von Hand um. „Wann die Pflanze bereit ist für einen größeren Topf oder das Beet, liegt zum einen im Ermessen der Gärtnerinnen und Gärtner, zum anderen an den Bodenverhältnissen und der Witterung“, so Ehrmann.
Alles findet Verwendung
Für die Ernte der Heilpflanzen kommen Kolleginnen und Kollegen aus dem Pflanzenlabor in den Garten. Sie wählen Blüten, Blätter, Wurzeln oder auch die ganze Pflanze aus – je nachdem, welchen Teil sie für das jeweilige Arzneimittel verarbeiten. Und wenn am Ende des Herstellungsprozesses die Asche der getrockneten Pflanzenpressrückstände auf den Kompost gelangt, dann schließt sich ein Kreis. Und alles beginnt von vorn, folgt einem natürlichen Rhythmus. Vielleicht ist es dieser Rhythmus, der Bernhard Ehrmann in sich ruhen lässt.
„Rhythmus trägt Leben“
Es war dieser Satz Rudolf Steiners, den der junge Rudolf Hauschka aufgriff, indem er ein rhythmisches Herstellungsverfahren entwickelte, das uns bis heute auszeichnet. Rhythmen kommen bei uns aber nicht nur den Arzneimitteln zugute, sondern auch den Menschen in der WALA. Wir verzichten zum Beispiel auf Nachtschichten, damit der natürliche Schlaf-Wach-Rhythmus unserer Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen nicht gestört wird.
Ist das noch zeitgemäß? Auf dem Weg in eine neuzeitliche Wachheit hat sich unser Leben immer mehr von natürlichen Rhythmen entkoppelt. Wir können nun nach Einbruch der Dunkelheit lesen, in andere Zeitzonen reisen, im Winter Erdbeeren essen und Waren rund um die Uhr produzieren. Wir haben Freiheiten gewonnen, aber auch eine lebendige Struktur, eine stabilisierende Kraft verloren. Wer sich bewusst mit den Rhythmen des Lebens verbindet, sich zum Beispiel saisonal ernährt oder sich Zeit für Wege und Pausen nimmt, erfährt, wie wohltuend sie für jeden Einzelnen bis heute sind.